Die Frauenhäuser im Kanton Bern schlagen Alarm. In den Berner Frauenhäusern herrscht akuter Platzmangel. Betroffene müssen teilweise in Hotels untergebracht werden, wo ihre Sicherheit nicht gewährleistet werden kann. Die Anzahl Beratungen von sexualisierter und häuslicher Gewalt betroffener Frauen und Kinder in den Beratungsstellen hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Die zur Verfügung stehenden Mittel werden knapp: Die jährlich finanzierten Beratungen durch den Kanton waren bereits im ersten Halbjahr bei Weitem überschritten.

In den drei Frauenhäusern lag die Auslastung Mitte Jahr zwischen 84% und 92%. Als Kriseninterventionsstelle für von Gewalt betroffenen Frauen und Kindern ist dieser Wert viel zu hoch. Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren SODK empfiehlt eine Auslastung der Frauenhäuser von maximal 75%, damit die professionelle Unterstützung und die erforderlichen Schutzbestimmungen gewährleistet sind.

Bis Mitte 2022 haben die ambulanten Beratungsstellen von Solidarité femmes Biel und der Stiftung gegen Gewalt an Frauen und Kindern 1'478 Personen beraten, im Vergleich waren es im Jahr 2021 insgesamt 2'205 Personen. Der Kanton Bern ist nicht bereit, die Finanzierung an die steigende Entwicklung der hohen Auslastung in den Frauenhäusern und der erheblich ansteigenden Nachfrage nach Opferhilfe-Beratungen in den letzten Jahren anzupassen. Er nimmt somit seine Verantwortung zum Schutz von Gewaltbetroffenen nach dem Opferhilfegesetz nicht wahr.

 

Schweizweiter Platzmangel in den Frauenhäusern

Zwar ermöglicht AppElle!, die Hotline für von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen und Kindern sofortige Hilfe, Schutz und Unterbringung. Aufgrund von schweizweitem Platzmangel in den Frauenhäusern müssen Betroffene aktuell aber zu einem grossen Teil in Hotels untergebracht werden, wo ihre Sicherheit nicht gewährleistet ist und sie nicht die nötige Unterstützung erhalten, wie es in einem Frauenhaus der Fall ist.

 

Die Zahlen von AppElle! sind alarmierend: Während im Jahr 2021 insgesamt 2'432 Anrufe eingegangen sind, sind bereits in der ersten Hälfte dieses Jahres 2'080 Anufe zu verzeichnen. Bis Juni 2022 wurden durch AppElle! bereits 398 Personen beraten - ein deutlicher Anstieg zum Vorjahr mit insgesamt 547 Personen.

Aus unserer Sicht ist es dringend notwendig, dass der Kanton die akute Situation mit der zu hohen Auslastung in den Frauenhäusern und der erheblich ansteigenden Nachfrage nach Beratungen in den Opferhilfe Beratungsstellen und bei der Hotline AppElle! ernst nimmt und die erforderlichen Mittel spricht. Die SODK hat die Regierungsrät:innen dazu aufgerufen, Hand zu bieten für schnelle Lösungen in dieser Notlage. Der Kanton Bern hat auf unsere Anfrage mit einer Ablehnung reagiert und gefährdet somit die Sicherheit der betroffenen Frauen und Kinder.

 

Finanzierung der Opferhilfestellen muss kostendeckend sein

Wir machen darauf aufmerksam, dass die in der neuen Opferhilfestrategie des Kantons Bern vorgegebene Kostenneutralität für die Opferhilfeleistungen bei dieser Entwicklung nicht realistisch ist. Es gibt bereits heute Opferhilfeleistungen, welche mit Spenden mitfinanziert werden. Die Umsetzung des Opferhilfegesetzes ist eine staatliche Aufgabe und sollte durch Leistungsverträge vollumfänglich abgedeckt werden. Die Finanzierung der Frauenhäuser und der Beratungsstellen muss kostendeckend sein. Ebenfalls ist die Umsetzung der Istanbul Konvention eine staatliche Aufgabe.

 

Auskünfte:

Für Fragen stehen Ihnen gerne zur Verfügung

Marlies Haller, Geschäftsführerin der Stiftung gegen Gewalt an Frauen und Kindern, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! und 031 312 12 88.

Manuela Schild, Geschäftsführerin von Solidarité femmes Biel/Bienne & Region, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! und 032 322 03 44.