Nach wie vor zu wenig Schutzplätze im Kanton Bern!

Die Anzahl von Gewalt betroffenen Frauen und Kinder, die unsere Beratungsstelle aufsuchen, hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Bei der Hotline AppElle! sind in der ersten Hälfte dieses Jahres schon fast so viele Anrufe eingegangen, wie im gesamten 2021. Unser Frauenhaus sowie die anderen beiden Häuser im Kanton Bern sind hoch ausgelastet, oft mangelt es an genügend Schutzplätzen. Frauen und Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, müssen teilweise in Hotels untergebraucht werden, wo ihre Sicherheit nicht gewährleistet werden kann. Der Kanton Bern ist nicht bereit, die Finanzierung an die Entwicklung der hohen Auslastung in den Frauenhäusern und der steigenden Nachfrage nach Opferhilfeberatungen in den letzten Jahren anzupassen.

Um die Öffentlichkeit auf diese Problematik aufmerksam zu machen, haben wir gemeinsam mit der Stiftung gegen Gewalt an Frauen und Kindern im Oktober eine Medienmitteilung veröffentlicht und konnten in verschiedenen Zeitungs-, Radio- und TV-Interviews über diese Problematik berichten.

Radio Canal 3 :
https://web.canal3.ch/de/sendungen/221018-die-frauenhaeuser-im-kanton-bern-sind-konstant-ausgelastet-so-auch-biel

Telebielingue:
https://web.telebielingue.ch/de/sendungen/info/2022-10-18

 


Unser Frauenhaus hat ein neues Gesicht!

Die Presslufthämmer, Bagger und Bohrmaschinen sind versorgt, die Pinsel sind gereinigt - es ist soweit: Der Umbau unseres Frauenhauses ist abgeschlossen! Schon bald werden wieder Frauen und Kinder einziehen, die eine deutlich komfortablere Wohnumgebung vorfinden werden als bisher: eine vergrösserte Terrasse, moderne Küchen und Bäder, praktische Stauräume und bunt gestrichene Wände. Die Zimmer im Erdgeschoss sind neu auch für Klientinnen mit eingeschränkter Mobilität bewohnbar.

Während der sieben Monate dauernden Bauphase konnten wir unsere Klientinnen in einer provisorischen Unterkunft beherbergen und begleiten.

Wir sind auf Ihre grosszügige Spende angewiesen, um die beträchtlichen Kosten der Renovation, den doppelten Umzug und die Miete der Zwischenlösung vollends decken zu können!

Ein grosses Dankeschön in Gelb, Rosa und Grün!

IBAN: CH04 0900 0000 2500 9042 1

 


16 Tage gegen Gewalt an Frauen: Schweres Schwerpunktthema Feminizid

In diesem Jahr wurden in der Schweiz bereits 14 Frauen (Stand Ende Oktober 2022) von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Jede ist eine zu viel, hinterlässt Angehörige und womöglich Kinder, die von einem Tag auf den anderen beide Elternteile verlieren, und schwer traumatisiert sind.

Die meisten Feminizide finden im Kontext Häuslicher Gewalt statt. Besonders gefährdet sind Frauen, welche sich Hilfe holen, ankündigen, sich trennen zu wollen oder sich soeben getrennt haben. Genau in diesen Momenten haben wir Mitarbeiterinnen von Solidarité femmes Kontakt mit diesen Frauen: Sie erstarken, lassen sich über ihre Rechte aufklären, wollen sich aus dem Teufelskreis der gewaltvollen Beziehung lösen. In jedem Gespräch behandeln wir daher die Sicherheit der Frau und deren Kinder prioritär. Wir müssen uns dabei auf die Schilderungen der Frau verlassen, haben aber auch Risiko-Analyse-Tools zur Verfügung, um das Potenzial eines Täters für schwere Gewalt bis hin zur Tötung einzuschätzen. Als Hochrisikofaktoren gelten dabei u.a. eine Veränderung der Qualität der Gewalt in den letzten 6 Monaten (brutaleres Vorgehen), Waffenbesitz, das Aussprechen von Morddrohungen sowie frühere Delikte des Täters gegen Leib und Leben Dritter. Kommen wir zum Ergebnis, dass unsere Klientin sehr gefährdet ist, raten wir ihr zu strengen Schutz- und Sicherheitsmassnahmen, einem Aufenthalt im Frauenhaus, einem Kontakt- und Annäherungsverbot für den Täter.  Ebenso kontaktieren wir im Einverständnis mit der Klientin das Bedrohungsmanagement der Kantonspolizei Bern, welche uns im weiteren Vorgehen berät und im Gegensatz zu uns mit dem Täter in Kontakt treten kann, z.B. in Form einer Gefährderansprache.

Auch wenn eine Frau entgegen unserem Anraten zum Täter oder in ihre eigene Wohnung zurückkehrt, können wir ihr eine Verhaltensberatung sowie eine anwaltschaftliche Vertretung anbieten, um sich so gut wie möglich vor weiteren Angriffen zu schützen und sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Sind Kinder gefährdet, verständigen wir die KESB.

So lässt sich das Risiko für einen Feminizid minimieren.

Aber längst nicht alle Frauen finden rechtzeitig Zugang zu Hilfe.

Um weitere Femizide zu verhindern, braucht es neben unserer Beratungstätigkeit in der Opferhilfe weitergehende Massnahmen: Mehr Schutzplätze für gefährdete Frauen und ihre Kinder, den Ausbau von Täterarbeit, flächendeckende Präventions- und Sensibilisierungsarbeit sowie kritisches Reflektieren von Geschlechterrollen in der Schule, eine Verschärfung der Waffengesetze, die konsequente Umsetzung der Istanbul-Konvention in der Schweiz, eine sensibilisierte Berichterstattung in den Medien und last but not least: Die Gleichstellung der Geschlechter auf allen Ebenen.

Dafür setzen sich neben Solidarité femmes verschiedene Organisationen und Gruppierungen ein und machen dies vom 25.11. bis 10.12.2022 im Rahmen der 16 Tage gegen Gewalt sichtbar. In Biel und in der ganzen Schweiz sind Aktionen und Veranstaltungen geplant, welche sich auf vielfältige Weise mit dem Thema Feminizid auseinandersetzen.

Weitere Informationen dazu finden Sie unter https://www.16jours-bielbienne.ch/

Schauen Sie doch am Samstag, den 26.11.2022 von 9-12h am Infostand in der Bieler Altstadt vorbei! Wir freuen uns auf Sie!